Okinawa Goju Ryu Karate Geschichte
Der Ursprung des Karate ist mit vielen Legenden und mystischen Geschichten durchzogen.
Bis heute konnte jedoch nicht erforscht werden, woher Karate eigentlich stammt und wie es
sich entwickelt hat. Sicher ist nur, dass die Kampfkunst immer schon in der einen oder
anderen Form existiert hat. Doch mit Bestimmtheit lässt sich nichts erklären. Fakten und
Zeugen sowie Dokumente sind rar, meist wurde nie etwas aufgezeichnet bzw. ging vieles
über die Jahrhunderte verloren.
Ein Grund, warum so wenig Fakten bekannt sind, ist wohl jener, dass die Lehren immer nur
vom Meister an einen würdigen Schüler weitergegeben wurde und dass auch nur in
mündlicher Form. So verlangte es die Tradition. Gab keinen Schüler so ging das Wissen
und die Form für immer verloren, und damit auch diese Kampfkunst. Das ist besser zu
verstehen, wenn man bedenkt, dass ein Meister immer nur sehr wenige Schüler hatte,
meist waren er nur vier oder fünf Schüler die er unterrichtete. Da die verschiedenen
Karateschulen auch untereinander in Rivalität standen, war man sehr darum bemüht das
Wissen der eigenen Schule nie an Außenstehende zu vermitteln und so gab es auch keine
schriftlichen Beweise bzw. Wissen, das man stehlen konnte. Und so kam es, dass die
Kampfkunst eine wahre Geheimlehre war, die nur im Verborgenen und meist nachts
ausgeübt wurde.
Darüber hinaus fehlt es an sämtlicher Literatur über die Geschichte Okinawas, dass im 2.
Weltkrieg das Hofarchiv des ehemaligen Königreichs vollkommen zerstört wurde und somit
alle geschichtlichen Aufzeichnungen fehlen.
Zu erklären, was Zen ist und wo die Verbindung zu Karate liegt ist nicht gerade leicht. Zum
einen liegt die größte Schwierigkeit in der unterschiedlichen Denkweise zwischen Osten
und Westen. Die Lebensauffassungen sind gänzlich andere. Der Westen denkt analytisch
und wissenschaftlich, er zerlegt die Dinge in seine Einzelteile um auf das Ganze zu
schließen. Man sammelt Daten und Fakten und ist somit der Logik unterworfen.
Der Osten hingegen, betrachtet das Leben, den Lebensraum mit allen Lebewesen als ein
Ganzes. Alles in unserer Welt ist miteinander verbunden es gibt kein getrennt sein. Das
Verständnis von Körper und Geist, muss nicht erst erlernt werden, es ist bereits vorhanden.
Die „Forschung“ gemäß dem Osten basiert allein auf empirischen, also erfahrungsmäßigen,
Studien. Man verfolgt den Weg des Lebens, der Natur, Yin und Yang sowie der Kausalität
von Ursache und Wirkung.
Die ersten Krieger, die sich intensiv mit dem Zen befassten, waren die Samurai, eine
Kriegerkaste des feudalen Japan. Es war keine Seltenheit, dass ein Samurai auch ein
Laienmönch von einem Zenmönch unterwiesen wurde. Ein Samurai war täglich mit seinem
eigenen Tod konfrontiert und so musste er sich eingehend mit dem Tod auseinander
setzten um die Angst in der Schlacht zu überwinden.
Er konnte es sich nicht leisten ständig daran zu denken sein Leben zu verlieren, zum einen
hätte es ihn um den Verstand gebracht und zum anderen würde ihn die Angst am kämpfen
hindern. Zweifel und Verlustängste hätten tödliche Auswirkungen. Es musste ein Weg
gefunden werden um den Geist zu beruhigen und klar werden zu lassen, dieser Weg war
Zen.
Hier und jetzt zu sein, heißt, dass die Dinge, die uns ständig im Geiste beschäftigen ihre
Wertigkeit verlieren und der Geist frei von allen belastenden Gedanken wird. Es entsteht
eine arte Gleichmütigkeit, diese ist aber nicht mit Gleichgültigkeit zu verwechseln. Man legt
sozusagen das strukturelle Denken ab und öffnet sich so einer gänzlich anderen Sichtweise
der Welt. Wenn man so möchte könnte man diese Haltung objektiv nennen. Ruhe kehrt ein
und man ist im jedem Moment innerlich gefasst, egal was kommen wird. Aus dieser Ruhe
entsteht Spontaneität und diese Spontaneität ist es die dem Krieger erlaubt, schnell und
ohne nachzudenken zu reagieren. Diese Spontaneität erlaubt es uns ebenfalls im Sinne
des Lebens zu agieren. Hinzunehmen und nicht gegen den Strom des Lebens zu fließen.
Wenn es soweit war akzeptierte, der Samurai seinen Tod ohne Argwohn.
Fragen wie: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich?, haben im Zen keine
Wichtigkeit. Sie lenken uns nur vom Leben ab. Wie schon erwähnt, existiert keine
Vergangenheit noch die Zukunft. Selbst der Moment in dem wir denken ist bereits vorbei.
Anders ausgedrückt kann man sagen, dass wir in der Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft zugleich leben.
Zen bedient sich einer einfachen Methode, der Meditation. In der Meditation verbindet sich
durch die Atmung der Körper mit dem Geist, und man erlangt so Zugang zu seinem
innersten („wahren“) selbst.
Nicht anders verhält es sich im Karate. Karate ist, richtig ausgeführt, Meditation in
Bewegung. Im Training verliert sich alles rundherum, nur das was man gerade macht hat
Bedeutung. Es spielt keine Rolle wie reich oder arm man ist, welchen Beruf man hat oder
welche gesellschaftliche Stellung man innehat. Im Dojo sind wir alle gleich gestellt. Jeder
trägt einen weißen „Gi“ nur die Gürtelfarbe unterscheidet uns.
Exkurs: Nebenbei bemerkt spielen Gürtelfarben keine Rolle. In den alten Tagen gab es
keine Gürtelfarben, sondern nur einen weißen Gurt, egal wie lange man schon trainiert hat.
Einen Gürtel kann sich jeder kaufen, er sagt nichts über die Qualität als Karateka aus. Wer
nur darauf aus ist Gürtel zu sammeln ist im traditionellen Karate fehl am Platz.
Die Fortschritte im Karate sollte man nicht an seinem Nachbarn messen, sondern immer an
sich selbst. Von einem Training zum nächsten. Jeder bringt andere körperliche und geistige
Voraussetzungen ins Karate mit und so lernt der eine schneller und der andere langsamer,
dass spielt keine Rolle. „Der Weg ist das Ziel“ und im Karate dauert dieser Weg bis an das
Lebensende und das Ziel ist die Perfektion von Geist und Körper. Der Zengeist hilft uns
dabei diesen Weg zu gehen ohne die Motivation zu verlieren, er lehrt uns die Schönheit des
Karate, die Schönheit in uns selbst und der Welt zu entdecken und zu bewahren.
„Der Himmel zerfällt
und wird zu Staub,
Die weite Erde wird friedlich,
und niemand kann sie schauen.
Der trockene Baum
lässt plötzlich
seine einzige Blüte erblühen
und ruft einen neuen Frühling herbei,
jenseits der Zeiten.“
Karate entwickelte sich aus der Symbiose des chinesischen Kempo und der
heimischen Kampfkunst „Te“ genannt, auf Okinawa.
Durch den regen Handel zwischen China und Okinawa, im 4.Jahrhundert, kam es
zu einem Wissensaustausch auf vielen Ebenen unter anderem auch zwischen den
Kampfkünsten. Der Handel erreichte seine Ausdehnung bis Korea, Japan und in
den südostasiatischen Raum, sodass auch eine Beeinflussung durch andere
Kampfsysteme nicht auszuschließen ist.
Aufgrund eines Waffenverbots durch den Herrscher Sho Shin und die spätere
Besetzung Okinawas durch den Satsuma-Klan, entwickelte sich im Geheimen eine
waffenlose Form der Selbstverteidigung gegen Diebe, Kriminelle und gegen die
japanischen Besatzungstruppen, die ein brutales Regiment führten.
Erst im Jahr 1721 ist das erste Mal von einer waffenlosen Kampfkunst die Rede. Im
„Verzeichnis von überlieferten Wahrheiten Chuzans“ vom chinesischen Gesandten Hsu
Pao Kung, gibt es erste Hinweise auf eine mit der „leeren“ Hand ausgeführten Kampfkunst
auf Okinawa.
Gründung des Goju Ryu Karate
Kanryo Higaonna Sensei wurde am 10. März 1853 in Naha als viertes Kind von Higaonna
Kanyo und dessen Frau geboren. Higaonna gehörte zum niederen Adel.
Obwohl Higaonna für sein Alter sehr klein war, war er sehr flink und seine Bewegungen
waren sehr geschmeidig, Beine und die Hüfte waren außerordentlich kräftig. Schon als
Kind begeisterte er sich für die Kampfkünste und sog alles in sich auf was er lernen konnte.
Mit 16 erlernte er das chinesische Kempo von jemand der es in Fukien studiert hatte.
Obwohl er nicht sehr groß war entwickelte er eine beachtliche Körperkraft und lernte
schnell. Es braucht nicht lange und er war seinem Lehrer in Fähigkeit und Technik
ebenbürtig. Er besaß einen ruhigen Charakter und wurde schnell als Meister bekannt.
Jedoch war er mit seinem Fähigkeiten nicht zufrieden und so wollte er unbedingt nach
China um die Kampfkunst zu perfektionieren.
Er hörte viel über China von seinem Lehrer, Händlern und Studenten. Er war fasziniert von
der chinesischen Kultur ihrer Kampfkunst und ihrer Wissenschaft. Er träumte oft davon
nach China zu gehen. Sein Vater wollte den jungen Meister unterstützen jedoch konnte
dieser seinem Sohn keine finanzielle Unterstützung zu kommen lassen, da die Familie aus
sechs Kindern bestand. Higaonna gab jedoch die Hoffnung niemals auf.
Im Hafenteil von Naha, der einzige Hafen der für den Handel mit China zugelassen war,
lebte ein Staatsmann mit dem Namen Udon Yoshimura. Udon Yoshimura, reiste oft als
Abgesandter nach China. Higaonna wurde ihm von einem Meister der Kampfkunst aus
Kume vorgestellt. Durch Yoshimura wurde Higaonna einem Eigentümer eines
Handelsschiffes vorgestellt, der zwischen Okinawa und China Handel trieb. Es gelang
Higaonna den Eigentümer zu einer Überfahrt nach China zu überreden. Damals war es nur
den wohlhabenden Menschen erlaubt nach China zu gehen um die Kampfkünste zu
erlernen. So konnte sich Higaonna seinen Traum erfüllen und ging alsbald nach China um
zu lernen.
Im November 1873, im Alter von 22 Jahren, verlies Higaonna Nahe in Richtung China.
Begleitet von einem wohlwollenden Wind kam die Toshishinryu nach acht Tagen auf See
im Hafen von Fukien an. Higaonna lebte fast ein ganzes Jahr in der Okinawanischen
Siedlung Ryukyu Kan bis er dem Kempomeister Ryu Ryuko vorgestellt wurde.
Er wurde nicht sofort von Ryu Ryuko als sein Schüler akzeptiert. In China war es Sitte
zuerst mit jemand zu leben und seine Person und seinen Charakter kennen zu lernen bevor
man ihn als Schüler annahm. So musste sich Higaonna zum Bespiel um den Garten und
den Haushalt seines Meisters kümmern. Er tat dies mit großer Hingabe und Ernsthaftigkeit
über einen langen Zeitraum hinweg. Ryu Ryuko war von der Einstellung Higaonna sehr
beeindruckt und nahm ihn schließlich als seinen Schüler an.
Higaonna half tagsüber Ryu Ryuko bei seinem Handel mit Bambus und abends wurde
trainiert. Das Training begann mit Sanchin dann Nigiri game – schwere Keramikvasen – mit
ihnen führte man ein bestimmtes Schrittdiagramm aus. Diese Übung sollte den Griff stärken
und die richtigen Fußbewegungen sollten erlernt werden. Danach folgte das Training mit
dem Muchi ishi (natürliches Steingewicht) und am Makiwara (Schlagpfosten). Am Makiwara
wurde mit dem Ellenbogen, der Faust, der Schwerthand und dem Handballen immer und
immer wieder geschlagen. Es wurde auch in einem so genannten Uki (großer Bambuskorb)
trainiert. Zwei standen sich in diesem Korb gegenüber und übten Nahkampf- und
Würgetechniken.
Higaonna war von den Trainingsgeräten mit denen er zum erstem Mal übte fasziniert. Jede
Technik die er erlernte schien sein Interesse an Karate noch zu erhöhen. Die Strapazen
des harten Trainings zeigten sich schon bald. Von der Überanstrengung schwollen seine
Beine, Hände und Schulter an. Aber nur durch dieses harte Training konnte er Muskel aus
Stahl entwickeln. Nach einigen Jahren des Trainings wurde Higaonna zum BegabtestenSchüler Ryu Ryukos.
Das Haus von Ryu Ryuko war zweistöckig. Im zweiten Stock lebte der Meister und im
Erdgeschoss waren seine Werkstadt und der Schlafplatz von Higaonna. Higaonna wachte
immer von der klirrenden Kälte auf und nachdem er so früh wach wurde ging er in den Hof
und übte seine Kata. Meister Ryu Ryuko erwachte ebenfalls früh und beobachtete
Higaonna von seinem Zimmer aus. Ryu Ryuko betrachtete Higaonna stets wie seinen
eigenen Sohn.
Higaonna belieb 10 Jahre der Schüler von Ryu Ryuko danach verließ er ihn und reiste über
Fukien in Richtung Heimat. Sofort nach seiner Ankunft auf Okinawa stattete Higaonna
Udon Yoshimura einen Besuch ab. Udon Yoshimura war sehr von der Bescheidenheit und
dem würdevollen Charakter Higaonnas beeindruckt. Yoshimura bat Higaonna darum
seinen zweiten Sohn zu unterrichten, der sich sehr eifrig den Kampfkünsten widmete. Der
Ruhm von Higaonna verbreitete sich schnell in Naha und der Nachbarschaft. Der König von
Ryukyu, Sho Tai, bat Higaonna die königliche Familie in der Kampfkunst zu unterweisen.
Für viele Jahre unterrichtete er so die königliche Familie und den zweiten Sohn von
Yoshimura in seiner Kampfkunst.
Gemäß den chinesischen Lehren der Demut war das Benehmen von Higaonna bescheiden
und ruhig, nie sprach er über seine Fähigkeiten und nie gab er sich als Kämpfer aus. Für
kurze Zeit nahm er eine Arbeit als Verkäufer auf einem Schiff an. Jedoch redeten die
Händler, Matrosen und Beamten ständig von seinen Talenten und viele kamen um bei ihm
zu trainieren, doch nur wenig blieben über längere Zeit, da das Training für die meisten zu
hart war.
Higaonna eröffnete ein Dojo und begann ohne etwas dafür zu verlangen zu unterrichten.
Von Natur aus war Higaonna ein ruhiger Man doch im Dojo schien er sich zu verändern.
Sein Blick wurde stechend, wie der eines Adlers und seine Schüler bekamen es mit der
Angst zu tun wenn sie nur in seine Nähe kamen. 1905 begann Higaonna an der örtlichen
öffentlichen Schule auf bitten des Direktors zweimal die Woche zu unterreichten. Er lehrte
die Schüler die körperlichen und geistigen Werte seiner Kunst. Während der 15 Jahre in
China meisterte Higaonna viele Künste darunter die Kunst des geraden Schwertes, die
Kunst des Breitschwertes und des Speers. Higaonnas Technik war wahrhaftig Kunst in
Bewegung. Somit verbreitete sich sein Ruf rasend schnell in Naha und anderen Städten auf
Okinawa.
Higaonna war nicht gerade ein groß gewachsener Mann (ungefähr 1,65 m groß) aber er
war sehr kräftig gebaut. Seine Muskeln waren durch das harte Training dem er sich in
China unterzogen hat sehr gut entwickelt. Seine Hände und Beine besaßen eine
außergewöhnliche Kraft. Die Leute nannte ihn „Higaonna mit dem kraftvollen Tritt“ weil
seine Tritte sehr schnell und stark waren. Seine Bewegungen waren schnell wie der Blitz.
Die Leute waren überrascht, dass jemand der so klein ist so stark und schnell sein konnte.
Die Bewohner von Naha nannten ihn auch „Kensei“ was so viel wie „heilige Faust“
bedeutet. Mit der Zeit nannte man seine Kunst „Naha Die“ (Te) was so viel wie „Naha
Hand“ bedeutet. Heute wird er als der Gründer des Okinawa Karate verehrt.
Miyagi Chojun, Schüler von Kanryo Sensei.
Nach seiner Heimkehr widmete Higaonna Kanryo Sensei seine ganze Aufmerksamkeit der
Kata Sanchin. Er war sogar so sehr mit dieser Kata beschäftigt, dass er zu essen vergaß.
Etwa zu dieser Zeit wurde ein ganz bestimmter Junge sein Schüler. Sein Name war Chojun
Miyagi, der Begründer des heutigen Goju Ryu Karate. Higaonna Sensei war damals 49
Jahre alt und der junge Miyagi 14 Jahre alt als sie sich zum ersten Mal trafen.
In den ersten sechs Monaten bei Higaonna Sensei lernte Miyagi ausschließlich Unsoko ho
(Schrittfolge) immer und immer wieder. Nach dem Unsoko ho lehrte Higaonna seinen
Schülern nur die Kata Sanchin – Übung zur Atemregulierung und Muskelspannung -, dies
übten sie 3 bis 4 Jahre. Das Training war so hart, dass viel Schüler an den Schultern
bluteten und ihre Blicke wurden finster und ihre Hüften und Beine standen vor dem
Versagen. Einige hatten beim Wasserlassen auch Blut im Urin. Den Schülern war es nicht
erlaubt eine andere Kata zu lernen, erst mussten sie die richtigen Schritte, Bewegungen
und die korrekte Atmung beherrschen um so ein hohes Maß an Standhaftigkeit zu
erreichen.
Es kamen viele, die bei Higaonna Sensei lernen wollten, doch viele gaben aufgrund des
harten Trainings schnell auf und blieben deshalb nicht lange bei ihm. Miyagi jedoch blieb
und stand das strenge Training bei Higaonna Sensei durch.
Higaonna Sensei und sein Schüler Miyagi widmeten ihr Leben der Verbesserung und
Weiterentwicklung des Naha Te. 1916 wurde Higaonna Sensei krank und so nahm ihn
Miyagi zu sich in sein Haus um sich um den kranken Meister zu kümmern. Trotz der
fürsorglichen Pflege verstarb Higaonna Sensei 1916. Die Kunst des Naha Te wurde von
Higaonna Sensei an seinen besten Schüler Miyagi weitergegeben.
Der Name Goju Ryu
Miyagi Sensei ältester Schüler Shinzato Jin’an demonstrierte bei einem japanischen
Kampfkunst Turnier zur Feier der Krönung von Hirohito, 1930, eine Kata. Nach der
Vorführung wurde er von einem Meister des Kobudo nach der Schule seines Karate
gefragt. Er wusste keine Antwort, denn damals war es nicht üblich jedem Karatestil einen
Namen zu geben. Als er nach Okinawa zurückkehrte erzählte er Miyagi Sensei davon und
dieser machte sich für eine Weile Gedanken darüber. Er kam zu dem Schluss seinem Stil
einen Namen zugeben, denn dadurch ließ er sich leichter verbreiten und man konnte
besser mit anderen Schulen der japanischen Künste zusammenarbeiten.
Er nannte seinen Stil „Goju Ryu“, was soviel wie „Hart und Weich“ bedeutet gemäß dem
chinesischen Kempo. Er entnahm den Namen der acht Grundsätze des traditionellen
chinesischen Kempo, die im Bubishi (auch „Bibel“ des Karate genannt) niedergeschrieben
stehen.
Der Geist ist eines mit dem Himmel und der Erde
Der Rhythmus des Körpers ist eines mit dem Rhythmus von Sonne und Mond
Der Weg vom Einatmen und Ausatmen ist Hart und Weich
Handle gemäß der Zeit und der Veränderung
Die Technik geschieht durch die Abwesenheit des Bewusstseins
Die Füße vorangehen und zurückweichen, sich trennen und treffen
Den Augen entgeht nicht die kleinste Veränderung
Die Ohren hören aufmerksam in alle Richtungen
Miyagi Sensei war somit der erste Meister der seiner Kampfkunst einen Namen gab.
Sprach er von seiner Kunst so benutze er fast nie den Namen „Goju Ryu“ auch schrieb er
ihn nie an seinen Dojo. Er sprach fast ausschließlich von „Bu“ oder „Bujutsu“, das soviel wie
Kampfkunst bedeutet. 1933 wurde der Name „Goju Ryu“ offiziell vom Butoku Kai, der
japanischen Kampfkunst Gesellschaft, registriert und anerkannt. Sein ganzes Leben lang
förderte er die Verbreitung des Goju Ryu in aller Welt und war ständig auf der Suche nach
neuen Übungsmethoden. 1940 schuf er die beiden Kata „Gekisai Dai Ichi“ und „Gekisai Dai
Ni“ um Karate auch den Jüngeren zugängig zu machen und deren körperliche Konstitution
zu fördern. Mit diesen Kata versuchte der das Selbstvertrauen er Kriegsmüden japanischen
Bevölkerung zu fördern. Aus der chinesischen Kata „Rokkishu“ entwickelt er die Kata
„Tensho“ mit ihren weichen, geschmeidigen Bewegungen als Gegenstück zur harten und
geradlinigen Kata Sanchin. Miyagi Sensei war der Stolz des Okinawanischen Karate. Von
Anfang an sah er das Karate als kulturellen Schatz Okinawas. Er widmete sein ganzes
Leben dem Studium, der Entwicklung und Bewahrung des Okinawanischen Karate zuliebe
kommender Generationen und um die Tradition dieser Kampfkunst zu ehren. Der zweite
Weltkrieg brach aus. In den letzten Tagen des Krieges, musste Miyagi Sensei mit seinen
Schülern die Zerstörung Okinawas und die darauf folgende Not durchstehen. Miyagi Sensei
verlor seinen dritten Sohn, und seinen ältesten Schüler Shinzato Jin’an im Krieg. Während
dieser Zeit hörte Miyagi auf Karate zu unterrichten. Erst Jahre nach Kriegsende begann
Miyagi wieder an der örtlichen Polizeiakademie und im Hinterhof seines Hauses zu
unterrichten. Miyagis vierter Sohn lebt noch heute in diesem Haus. in Tsuboya Cho. Miyagi
An’ichi befand sich damals unter den Schülern von Miyagi Sensei. Die Fertigkeiten von
Miyagi Sensei waren unglaublich, beinahe übermenschlich. Im Kampf waren seine
Bewegungen unglaublich schnell und seine Schläge waren sehr kraftvoll. Zu dieser Zeit lag
die Konzentration auf diesen schnellen und kraftvollen Bewegungen. Eben so waren seine
Block-, Greiftechniken und sein Tai Sabaki hervorragend. In seinen Techniken gab es viel
Gewicht und Muchimi. Seine Kata Vorführungen waren jenseits aller Worte, sie waren
profund und kunstvoll. Die Leute sagten von ihm, dass es in Zukunft niemanden geben wird
der solch eine zerstörerische Kraft besitzen wird. Auf Okinawa genießt Miyagi Sensei
großen Respekt, er wird als „Bushi Magusuku“, was „Gentleman Kämpfer Miyagi“ bedeutet,
bezeichnet. Als er noch lebte, kannte ihn jeder auf Okinawa. In der ganzen Welt wird er als
einer der größten Karate Autoritäten respektiert.
Gruppenfoto 1942
Philosophie den Goju Ryu Karatedo
Jeder von uns übt sich im Karate aus den verschiedensten Gründen. Dem einen geht es
um Fitness, Selbstverteidigung oder Zeitvertreib oder um die traditionellen Werte die die
Kampfkünste bieten. Betreibt man Karate als nichts anderes als einen Sport, so wird man
nie einen tiefen Zugang zur Philosophie („Do“ Weg) erlangen, was durchaus nicht zu
werten ist. Doch die Erfahrung zeigt, dass das Interesse nicht lange anhält und man das
Karate schnell aufgibt. Ist man jedoch am Karate in seiner Gesamtheit interessiert, ist es
besonders wichtig sich allen Aspekten der Kampfkunst zu widmen. Dem Training, sich
selbst, der Ethik, den Grundsätzen, dem Trainingspartner, der Prüfung und der Philosophie.
Mit der Zeit wächst das Interesse und ein Bedürfnis nach mehr wird wach. Das herrliche an
der Kampfkunst ist, dass sie früher oder später in unser Leben eingreifen wird. Sie ist wie
ein Spiegel, den man jederzeit vor sich hat indem sich alle unsere Tugenden, gute wie
schlecht, zeigen. Somit lässt sich das Praktizieren von Karate nicht nur auf den Dojo („Ort
des Weges“) beschränken, Karate kann immer und überall geübt werden, in einer
alltäglichen Konversation genauso wie im Training selbst.
Die Etikette ist das erst das uns im Dojo begegnen wird, noch bevor man überhaupt eine
Technik erlernt. Respekt und Demut sind somit die ersten Tugenden, denen man im Dojo
begegnet. Für jemanden aus dem Westen ist es zunächst sehr befremdlich sich zu
verneigen. Demut zu zeigen, das wird eher als ein Zeichen von Schwäche als ein Zeichen
des gegenseitigen Respekts angesehen. Doch gerade in dieser einfachen Haltung bzw.
Bewegung liegt der ganze Geist des Karate. Er ist Ausdruck unserer inneren spirituellen
Reife. Man kann sehr schnell erkennen wer sich dem Do widmet und wer nicht. Durch die
Verbeugung zeigen wir Respekt und Annerkennung unseren Wegbegleiter, das ist der
offensichtliche Aspekt doch weiters zeigen wir Respekt allen gegenüber die diesen Weg
des Karate vor uns gegangen sind. Wir würdigen die Ahnen des Karate, die alten Meister
und die derzeitigen lebenden Meister. Auch bewahren wir die Tradition nur durch diese
einfache Geste und geben uns als würdigen Vertreter, dieser Tradition.
Die Werte einer fortschrittlichen Gesellschaft wie der unseren unterscheiden sich sehr stark
von den traditionellen Werten der alten Zeiten. Doch nichts desto weniger wichtig sind sie.
Die alten Traditionen können uns einen Weg zu mehr Menschlichkeit zeigen, die in einer
Welt der zunehmenden Emotionslosigkeit zu verschwinden scheinen. Werte geben uns
Selbstsicherheit und Orientierung im Leben. Gerade das westliche Denken ist
ausschließlich dem analytischen Denken unterworfen, wohingegen der Osten dem Denken
nicht so große Bedeutung beimisst. „Lerne mit dem Körper nicht mit dem Kopf“ ist die
Devise des Ostens und gerade deshalb, bietet uns die Kampfkunst ein gutes Gegengewicht
zur kopflastigen Denkweise des Westens. Body, Mind, Spirit, das ist der Weg der
Kampfkünste.
Man sollte sich immer fragen, was bedeutet Karatedo, was steht hinter dieser uralten und
legendären Kampfkunst, die sich über Jahrhunderte hinweg entwickeln konnte.
Jede Karatestilrichtung hat ein Regelwerk, nach dem sich die Schüler und Stundenten des
Karate richten sollten. Es sind keine festgeschriebenen Gesetzt vielmehr Richtlinien, sie
beschreiben kurz aber genau die Ideale nach denen jeder Karateka streben sollte. Das ist
die Dojokun.
Dojokun – Leitsätze des Okinawa Goju Ryu Karate
HITOTSU – REIGI O OMON ZURU KOTO
RESPEKTIERE DEINE MITMENSCHEN
HITOTSU – YUKI O YASHINAU KOTO
SEI MUTIG
HITOTSU – SHINSHIN O RENMASHI
ÜBE GEIST UND KÖRPER
HITOTSU – DENTO KARATE O MAMORI HIBINO TANREN O OKOTARAZU TSUNE NI
KENKYU KUFU O SURU KOTO
ÜBE TÄGLICH UND SCHÜTZE DIE TRADITION DES KARATE DO
HITOTSU – GOJU RYU KARATE NO SHINZUI O KIWAMERU KOTO
STERBE DANACH DIE ESSENZ DES KARATE ZU LEHREN
HITOTSU – FUTOFUKUTSU NO SEISHIN O YASHINAU KOTO
GIB NIEMALS AUF
Die Grundsätze des Okinawa Goju Ryu Karatedo
Miyagi Sensei sprach immer in einfachen Worten über das „Bujutsu“ (Kampfkunst), er lehrte
wie man als Mensch im Einklang mit der Natur leben sollte. Durch die ständige Übung in
der Kampfkunst, forschte Miyagi Sensei nach der Art und Weise wie ein Mensch sein und
leben sollte. Als Schüler der Lehren von Miyagi Sensei, müssen wir uns bewusst machen,
dass sein Geist immer gegenwärtig ist und wir uns nur durch hartes Training zu strenger
Selbstdisziplin erziehen können. Man sollte das Training wie einen Diamanten betrachten.
Zuerst ist er rau und glanzlos aber durch hartes, strenges und unerbittliches Training
(polieren) wird unsere Technik zu glänzen beginnen. Aber auch wenn wir das erreicht
haben, darf man nicht faul werden und das Training vernachlässigen, sonst verliert der
Diamant wieder seinen Glanz. Nur durch unermüdliches polieren bleibt unser Diamant klar
und glänzend. Man sollte diese Philosophie nicht nur auf die Karatetechnik beschränken
sondern sie vor allem dazu verwenden um unser Herz und unseren Geist zu entwickeln.
Dem zugrunde liegen folgende Grundsätze.
In den Kata sind die geheimen Prinzipien des Goju Ryu enthalten
Die Kata ist nicht nur eine Zurschaustellung einer Bewegungsform, sie enthält genaue
Techniken die zu jeder Zeit und in jede Form verändert werden können. Es ist die Kata in
der die Essenz des Karate, eine feste Form angenommen hat. Wir sollten uns immer daran
erinnern, dass die Kata die Essenz des Karate ist und das wir immer von neuem beginnen
und hart trainieren müssen, denn nur durch das Üben der Kata erreicht man „gokui“ (die
essenzielle Lehre).
Goju Ryu Karate Do ist die Offenbarung des harmonischen Einklangs des Universums
in uns selbst
„Geschmeidig wie ein Weidenbaum und standfest wie der Berg „Tai“. Wenn sich die beide
Extreme Hart „go“ und Weich „ju“ zu einem Ganzen vereint haben, dann entfaltet sich die
unerschütterliche Gestalt der Harmonie von Himmel und Erde (Geist und Körper), und so
können wir die Harmonie von Hart und Weich als Einheit des Universums überall in der
Natur erkennen. Durch den Weg des Goju Ryu Karate Do ist es uns möglich die Einheit der
Natur in uns auszudrücken.
Goju Ryu Karate Do ist die Suche nach dem Weg der Tugendhaftigkeit
Im Goju Ryu Karate Do versuchen wir das Ideal der menschlichen Natur von körperlicher
und spiritueller Einheit durch das Training von Geist und Körper auszubilden. Ursprünglich,
gab es in der Kampfkunst den Begriff des „Gewinnens“, aber durch Tugend zu gewinnen ist
das wahre, höchste Ziel. Jeder der nach diesem Weg strebt, darf dabei das japanische
Schriftzeichen „nin“ (aushalten) nicht vergessen. Seine eigenen Tugenden zu vergrößern
heißt: „Gewinnen ohne zu kämpfen auf der Suche nach dem endgültigen Geheimnis“.
Durch die Disziplin derer man sich im Training unterwirft, entwickelt man seinen Charakter
ständig weiter. Ähnlich einer Zwiebel schälen sich die schlechten Eigenschaften von uns ab
und man erlangt Weisheit und Zufriedenheit und Selbstbewusstsein.
Zen in der Kampfkunst
Was ist Zen? Zen ist keine Religion im eigentlichen Sinn. Es gibt keine großartigen
Theorien oder Dogmen. Zen ist allein Praxis. Die Meditation in Zazen nimmt einen
zentralen Stellenwert ein. Die Versenkung und die Konzentration auf die Haltung, geistig
wie körperlich, führen uns dem Hier und Jetzt näher. Es existiert weder Zukunft noch die
Vergangenheit einzig und alleine die Gegenwart, der Augenblick. Zazen ist der Quell aller
Weisheit und Spontanität. Nicht-Denken, Sein, das ist die Maxime des Zen.
Grundsätzlich richtet sich der Zen-Buddhismus nach den allgemeinen Lehren Buddhas. Die
Lehre Buddhas, ist auf die so genannten „vier edlen Weisheiten (Wahrheiten)“ zurück zu
führen.
Das Leben ist Leiden; wir leiden bei der Geburt, an Krankheit, Alter und Tod.
Leiden entsteht aus Begierde; Begierde entsteht durch das Anhaften an allem
Vergänglichen. Menschen sterben, Materielle Güter nutzen sich ab, alles im
Leben ist dem Wandel und der Veränderung unterworfen, also warum an Dingen
festhalten, die keinen Bestand haben.
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